Gleich ist nicht gleich Gleich
Basis einer Demokratie ist die Gleichheit aller Bürger*innen. Denn nur wenn alle vor dem Gesetz gleich sind, die gleichen Rechte haben und sich an die gleichen Pflichten halten müssen, können Wahlen und Repräsentanz gerecht ermittelt werden. Deshalb schreibt das Grundgesetz ganz klar in Artikel 3.1 vor:
„Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“
Aber irgendwie mussten die Verfasser*innen des Grundgesetzes das nochmal verdeutlichen, denn auch wenn alle vor dem Gesetz gleich sind, so gibt es doch auch Unterschiede, die zwar die Gleichheit vor dem Gesetz nicht berühren sollten, aber die Gleichstellung in der Gesellschaft sehr wohl in Frage stellen. Deshalb gibt es bei Artikel 3 noch zwei weitere Unterpunkte:
3.2 hebt die Gleichstellung von Mann und Frau hervor und fordert den Staat auf, diese Gleichstellung zu fördern
3.3 hebt die Gleichstellung aller Menschen hervor, die nach ihren Merkmalen hin diskriminiert werden.
Also ist gleich, doch nicht ganz gleich – man musste es nochmals ausdrücklich betonen. Und wir merken das in unserem Alltag sehr deutlich. Sehen wir uns in Geschäften um, so wird schnell klar, welches Spielzeug für Mädchen und welches für Jungs gedacht ist.
- Pinke Einhörner mit glitzernden Kronen vor grellbunten Regenbogenattrappen sagen uns Frauen… Seid hübsch! Seid passiv! Seid Prinzessinnen!
- Während Jungs sich mit Heldenfiguren mit blauen Maschinen beweisen können… Ihre Message: seid stark! Seid aktiv! Seid Helden!
Beide Geschlechterrollen sind so alt wie problematisch. Sie weisen uns Schubladen zu, aus denen wir kaum entrinnen können. Aktiv versucht der Staat diesen Klischees, die sich bis in die Berufswelt fortsetzen, z.B. durch Boy’s und Girl’s Days etwas entgegen zu setzen. Das Bundesverfassungsgericht ist erstmal paritätisch besetzt und seit Jahren tobt der politische Streit um die Frauenquote. Doch die Ungleichheit bleibt:
- Sie zeigt sich in der ungleichen Bezahlung von Frauen und Männern bei gleicher Tätigkeit (gender pay gap)
- Sie zeigt sich in den Hierarchien von Unternehmen, deren Führungspositionen männlich dominiert sind.
- Sie zeigt sich im hohen Anteil an Gewalt, den Frauen ertragen müssen. Jede dritte Frau wird irgendwann in ihrem Leben ein Opfer von Gewalt und 82% der Frauen erleben diese in ihrer Partnerschaft. Vergewaltigung war bis Ende der 90er Jahre kein Straftatbestand in der Ehe und der Vorstoß, dies zu ändern, wurde jahrelang von den meist männlichen Entscheidungsträgern belächelt. Upskirting und Downblousing werden erst jetzt unter Strafe gestellt.
Frauen und Männer sind noch lange nicht auf Augenhöhe. Das Machtgefälle zeigt sich finanziell, körperlich und psychisch. Und eine Abkehr von binären Geschlechterwelten steckt noch in den Kinderschuhen. Wenn wir also den Gleichheitsgedanken des Grundgesetz wirklich als Wert leben wollen, dann muss sich noch Vieles ändern. Und zwar bei jedem*r Einzelnen, im Alltag, in unseren Köpfen, in unserem Umgang miteinander.
In diesem Sinne
Dein Tugendvogel-Redaktionsteam
Gleichheit im Gesetz
- Art.3, 20, 33, 38 GG
- EU GrundrechteCharta Art. 20-26
- UN Ziele für nachhaltige Entwicklung 5 bis 10
- Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ 08000116016 www.hilfetelefon.de
- Pinkstinks auf instagram
- Erklärvideo Gender Pay Gap