Der berühmte Spruch des jüngsten Musketiers D’Artagnan steht zeitlos für das Ideal einer solidarischen Gemeinschaft. In Zeiten von Corona wird diese Solidarität stärker denn je beschworen. Doch ist es ein demokratischer Wert? Wo finden wir überall Solidarität und wer legt diese fest?
Auch wenn das Grundgesetz keinen expliziten Artikel mit der Überschrift Solidarität beinhaltet, sind unsere Demokratien doch stark vom Solidarprinzip „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ geprägt. Kein Wunder also, dass wir ein klares Bekenntnis dazu im Kapitel IV der Charta der europäischen Grundrechte finden.
Wo finden wir Solidarität in der deutschen Gesellschaft verankert? Ganz klar verbunden sind wir im strukturellen Aufbau unserer Sozialversicherungssysteme und dem Generationenvertrag. Aber auch im Solidarpakt nach der Wende und der Einführung des Soli. Doch Solidarität ist mehr als ein Verteilen von Finanzkraft.
Solidarität ist ein tief verwurzelter Wert einer Gesellschaft, deren Mitglieder sich als gleichwertig wahrnehmen, respektieren und zusammen etwas bewegen wollen. Sie fühlen sich über gemeinsame Werte und Überzeugungen verbunden, die sie als wertvoll und schützenswert erachten – und sie vertrauen auf dieses Fundament.
Solidarisch ist man dann, wenn es um mehr geht als um einen selbst, wenn es um das größere Wohl geht.
Deshalb zeigt man sich auch nicht nur dann solidarisch, wenn es um den persönlichen Gewinn geht, bei dem sich Trittbrettfahrer*innen anschließen, um dann bei der ersten Härte wieder abzuspringen.
Solidarisches Verhalten gründet auf der bewussten Auseinandersetzung mit einer Wertegemeinschaft, für deren Erhalt man auch Unannehmlichkeiten oder Verzicht in Kauf nimmt.
- Lassen wir uns eine Spritze mit möglichen Nebenwirkungen setzen, um für uns alle eine Herdenimmunität aufzubauen, die auch jene Einzelnen der Gesellschaft schützt: die diese Impfung nicht bekommen können oder nicht wollen?
- Setzen wir uns für alle Verfolgten ein, oder nur für jene, die weiß und reich sind?
- Bin ich bereit auf Einkommen zu verzichten, um alle kleinen Läden zu unterstützen, oder nur den Blumenladen meiner Tante?
Solidarität hat eine große gesellschaftliche Macht. Gerne wird sie von allen Ideologen und Visionären beschworen. Ob rechts als völkischvereint oder links als Arbeiterbewegung, ob Gründungsslogan der Schweizer Eidgenossen oder als Verfassungsinhalt Nordkoreas. Ob in der Befreiung unterdrückter Länder oder im Kampf gegen Unterdrücker*innen und ein stilisiertes Feindbild. Solidarität verbindet und sie kann polarisieren.
Am Ende muss jede*r die eigene Solidarität auf den Prüfstand stellen und hinterfragen: Für welches Wertesystem engagiere ich mich gerade? Wen schließt dieses Wertesystem ein? Wen schließt es aus? Und welche Konsequenzen hat meine Entscheidung für alle Mitglieder der Gemeinschaft?
In diesem Sinne, Dein Tugendvogel-Redaktionsteam
Solidarität im Gesetz
- Charta der europäischen Grundrechte (Kap. IV)
- Präambel GG
- Solidarpakt I und II
- Sozialgesetzbuch
- Lesetipp „netzwerk ethik heute“