Radikalisierung beschreibt den Prozess, in dem ein Individuum oder eine Gruppe radikale oder extreme politische, soziale oder religiöse Einstellungen und Überzeugungen entwickelt oder übernimmt und sich gegebenenfalls eine dementsprechende Ideologie zu Eigen macht.
Radikalisierung beinhaltet die wachsende Bereitschaft, zur Durchsetzung ihrer Ziele illegitime Mittel, bis hin zur Anwendung von Gewalt, zu befürworten, zu unterstützen und/oder einzusetzen.
Warum radikalisieren sich Menschen?
Radikalen Gruppierungen gelingt es, Menschen dort abzuholen, wo sie sind. Gerade junge Menschen sind häufig auf Identitäts- und Sinnsuche oder glauben, keine Perspektive zu haben. Oft sind es gebrochene Biografien, die dieses Gefühl auslösen. Sie schaffen es, dass Mitglieder das Gefühl haben, Konfliktsituationen durch die Gruppe lösen zu können. Diese Konflikte können innere Konflikte sein (Einsamkeit, Wer bin ich?), aber auch externe Konflikte (Unterdrückung, Freiheit, Gerechtigkeit)
Radikale Gruppen bieten ihnen einfache Lösungen an, etwa Verhaltensregeln zur Kleidung oder zum Tagesablauf gegeben. Im Laufe der Zeit fühlen sie sich als Teil einer Gruppe mit einem gemeinsamen Ziel. Radikalisierungsprozesse können innerhalb weniger Stunden passieren oder über einen längeren Zeitraum hinweg ablaufen. Häufig kommt es über die mit Freunden oder Bekannten geknüpften persönlichen Kontakte zu ersten Berührungspunkten zu radikalen Gruppen. Auch über Soziale Netzwerke wie Telegram. Eine Entfremdung von Eltern, Lehrern, Freunden und schließlich der Gesellschaft kann den Einstieg in radikale Milieus vereinfachen.
Es gibt den kurzen Film „Radikal – Extremismus, Propaganda, Medienkompetenz“ mit Unterrichtsmaterial für Schüler*innen ab Jahrgangsstufe 8 kostenlos erhältlich über das Hessische Ministerium des Inneren und für Sport, der sehr gut zeigt, welche Formen von Extremismus es gibt und wie eine Radikalisierung abläuft. Das Youtube-Format „Die Datteltäter“ hat zum Thema religiösbegründeter Extremismus ebenfalls einen sehr sehenswerten Clip gemacht, der gut erklärt, wie es Menschen schaffen, andere in radikale Ansichten zu ziehen. Es ist eine Mischung aus Beziehungsaufbau und einfachen Welterklärungen…
Wie kann ich helfen?
Radikalisierung wird in aller Regel zuerst im Freundes- und Familienkreis wahrgenommen. Eltern, Angehörige, Freunde oder Lehrer*innen können sich an die Beratungsstelle Radikalisierung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge wenden. Die Beratung ist kostenlos und vertraulich.
- Die Beratungsstelle ist erreichbar unter Telefon: 0911/943 43 43 E-Mail: beratung@bamf.bund.de
- Gib die Person nicht auf, sondern halte den Kontakt „halte die Tür offen, so dass ein Ausstieg leichter fällt“ – aber pass auch auf Dich selbst auf, damit Du nicht mit hineingezogen wirst
- Führe Gespräche, aber argumentiere nicht dagegen. Höre zu und stelle Fragen, so dass Widersprüche auch für die Person sichtbar werden. Besonders das Menschenbild und der Umgang mit „den Anderen“ ist dabei ein besonderes Merkmal des extremen Tunnelblicks.
Dieses Thema wurde im Rahmen des Projekts „Der Tugendvogel“ behandelt. Es gibt bei den Jugendtreffs den PolitTalk, bei dem die Jugendlichen über ihre Sorgen und Interessen diskutieren und mehr Hintergrunderfahrungen bekommen können.