Beim Spiel Quararo geht es darum, dass die Spielenden gemeinsam Entscheidungen treffen. Verlieren kann man nicht, am Ende haben alle gewonnen. Die Studentin Maide und die Lehrerin Esra erklären im Interview, wie aus einer ersten Idee ein echtes Spiel geworden ist. Es soll sogar – ganz offiziell – auf der Bundesgartenschau in Heilbronn präsentiert werden.
Worum geht es bei Quararo und wie hat alles angefangen
Esra: Vor zwei Jahren hat Tanja El Ghadouini uns aufgefordert, Projektideen zu entwickeln. Da ich Lehrerin bin und immer Ideen für den Unterricht brauche, habe ich mich für ein Spiel entschieden. Am Anfang war nur klar, dass man es auf dem Boden spielen soll.
Maide: Auf die Art soll die ganze Gruppe einbezogen und auch die Stilleren in der Klasse aktiviert werden. Das Spiel ist sehr flexibel: Es basiert auf Fragen und die kann man je nach Gruppe anpassen. Es ist in Jugendgruppen, Schulen und Gemeinden einsetzbar.
Wie spielt man Quararo?
Esra: Es geht darum, Entscheidungen zu treffen. Man ist in der Gruppe und muss sich einigen.
Maide: Das Spiel besteht aus einer Plane und den Karten und dazu den Einstiegskarten zum Grundgesetz und zu den verschiedenen Entscheidungsformen. Das Spiel kann man drinnen und draußen spielen. Es für alle ab 10 Jahre geeignet und es geht natürlich darum, sich spielerisch mit den Themen Demokratie und Partizipation auseinanderzusetzen. Die Spielenden lernen zunächst verschiedene Entscheidungsformen kennen: Konsens, Mehrheitsentscheidung, Systemisches Konsensieren und parlamentarische Vertretung.
Esra: Ganz am Anfang einigt sich die Gruppe auf eine Entscheidungsform.
Maide: Dann gibt es drei Karten zur Auswahl und sie müssen sich auf eine Karte einigen. Dann lesen sie die Aufgabe und lösen sie unter Anwendung der ausgesuchten Entscheidungsform. Dann kommt die nächste Frage und so weiter.
Was für Fragen sind das?
Esra: Das sind Fragen, die aus der Lebenswelt der Jugendlichen stammen. Da geht es in der ersten Stufe vielleicht um das Thema Freundschaft, in der nächsten Stufe um ein Mobbing-Problem. Es wird immer schwieriger und in der allerletzten Stufe kommt dann eine Notfallsituation. Zum Beispiel: Bei einer Bergwanderung ist ein Unfall passiert: Wen schickt die Gruppe, um Hilfe zu holen? Den schnellsten Läufer? Den erfahrensten Wanderer? Den zuverlässigsten Freund? Die Gruppe muss gemeinsam eine Entscheidung treffen. Eine andere Aufgabe ist: Ihr macht eine Reise und habt noch eine Fahrkarte übrig. Wem würdet Ihr sie geben? Jemanden, der seine Oma lange nicht gesehen hat, Jemanden, dessen Eltern geschieden sind…und so weiter. Da muss die Gruppe abwägen.
Maide: Es gibt bei den Antworten kein Richtig und Falsch. Es geht darum, eine gemeinsame Entscheidung zu treffen. Es gibt keine Verlierer.
Und was passiert, wenn die Gruppe eine krass falsche Entscheidung trifft: Zum Beispiel, dass sie den Verletzten liegen lassen und alleine zum Gipfel gehen? Oder sie schmeißen die Fahrkarte einfach weg?
Esra: Das passiert nicht, denn in der ersten Phase des Spiels gibt es eine Einführung in die Basis guter Entscheidungen. Wir haben hier die ersten fünf Artikel des Grundgesetzes bemüht.
Wie lange habt ihr gebraucht, das Spiel zu entwickeln?
Maide: Oh, sehr lange! Man kann sagen, dass es zwei Jahre gebraucht hat.
Esra: Wir haben es mehrfach getestet und immer wieder verändert. Bis wir zufrieden waren.
Maide: Jetzt ist das Spiel in der Produktion. Es werden erstmal zehn hergestellt, die dann an Bibliotheken und Einrichtungen verteilt werden.
Welche Tipps könnt ihr Jugendlichen geben, die ähnliche Projekte planen?
Esra: Das Wichtigste ist: Am Anfang zählt jede Idee. Man muss offen sein! Es hilft auch sehr, wenn ab und zu jemand von außen draufschaut. Wir haben uns manchmal in Details verloren oder hatten unsere Ideen nicht so formuliert, dass andere sie verstehen können.
Maide: Man darf nicht gleich aufgeben, wenn es Probleme gibt. Es ist wichtig, möglichst oft Teammeetings zu machen. Und man braucht Motivation: Wir wissen, warum wir es machen und das hat uns motiviert, weiterzumachen.
Warum macht ihr es denn?
Maide: Wir möchten, dass die Themen, die uns beschäftigen und die wir erlebt haben – speziell auch Diskriminierung – bearbeitet werden. Wir wollen mehr Toleranz und wir wollen muslimische Jugendarbeit fördern. Das ist unser Ziel.
Euch ganz persönlich, was hat euch das Projekt gebracht?
Esra: Ein tolles Netzwerk und viele Kontakte.
Maide: Ich finde es toll, wieviel Zuspruch wir bekommen haben. Neulich habe ich mit Jugendlichen geredet, die haben die Methoden, die sie im Spiel ausprobiert haben, benutzt, um Entscheidungen in einer anderen Situation zu treffen.
Esra: Ich habe aber auch neue Entscheidungsarten kennengelernt: Zum Beispiel das Konsensieren. Bei so einem Projekt kann man echt was lernen.
Maide: Und Spaß hat es auch gemacht!
Das Interview führte Julia Gerlach