Es sollte aufregend werden am 15. März 2019. Aber bis dahin war es der Jugendgruppe Sojumb des Freitagskreis noch nicht bewusst, mit wie viel Herzklopfen und Aufregung dieser Tag für sie enden sollte. Morgens ging es ganz entspannt in verschiedenen Fahrgruppen zur Jugendbildungspreis Gala DeinDing 2019 nach Stuttgart ins Jugendzentrum CANN. Ihr Projekt Déjavu – Theater der Geschichte war für den diesjährigen Jugendbildungspreis nominiert und so durften sie morgens an exklusiven Workshops der Jugendstiftung teilnehmen. Sechs Jugendliche nahmen die Gelegenheit wahr und besuchten den Graffiti-Workshop. Bei Wind und Nieselregen sprayten sie unter Anleitung und hinter Masken geschützt ihr erstes Bild.
Im Anschluss gab es Mittagessen und so langsam stieg die Aufregung. Der Moment der Gala rückte näher: 14 Projekte aus ganz Baden-Württemberg waren nominiert, aber nur sieben Preise wurden vergeben. Würde ihr Projekt einen der Preise erhalten? Das Projekt passte nicht zu den Kategriepreisen und die Plätze 1-3 erwarteten sie nicht – aber der Jurypreis könnte vielleicht ihre Chance sein. Und so saßen alle Jugendliche, ihre Betreuer*innen und Eltern im Publikum und warteten gespannt auf den Beginn der Verleihung. Nach kurzer Zeit war klar: keiner der Kategoriepreise schien an sie zu gehen – auch nicht der Preis der Jury. Mit Herzklopfen hörten sie plötzlich die Anmoderation des dritten Preises: Flucht und Migration im Jahre 2015. Das könnte es sein. Kurz glänzten die Augen und alle hielten die Luft an … aber dann fielen Worte wie Lagerfeuer und Freizeitaktivitäten. Nein, auch dieser Preis ging nicht nach Heilbronn. Die Hoffnung war auf einem Tiefpunkt. Die Jury würde sicher für die letzten zwei Preise nicht noch einmal aus diesem Themenkomplex ein Projekt wählen.
Nach dem auch der zweite Preis vergeben wurde, begann die Laudatio für den ersten Preises „…. die Themen Vertreibung, Flucht und Migration sind keine neuen Themen. Nein, umso mehr haben sie uns schon immer begleitet und hierzu haben Seniorinnen und Senioren Vieles zu berichten: viele persönliche Migrationsgeschichten. Entstanden ist hieraus ein Theaterstück, welches die beteiligten jungen Menschen in Seniorenheimen aufführten. So diente dieses Engagement als Brücke zwischen den Generationen und half die Angst vor Migration zu nehmen. Es zeigte, dass Einwanderung schon lange ein Teil Deutschlands ist und die aktuelle Migration ein Déjà-vu darstellt… “
Da war es klar. Die Tränen begannen zu laufen, die Jugendlichen rutschten unruhig auf ihren Sitzen, knuften sich aufgeregt in die Seiten und grinsten von einem Ohr zum anderen.
„Ich gratuliere dem Projekt „Déjàvu – Theater der Geschichte“ aus Heilbronn. Ihr erhaltet in diesem Jahr den Jugendbildungspreis Baden-Württemberg. Ich darf Euch zu mir auf die Bühne bitten.“
Jetzt gab es kein Halten mehr. Die Jugendlichen fielen sich in die Arme, das Publikum klatschte und die Begleitpersonen der Jugendgruppe, darunter die künstlerische Leiterin Angelika Hart und die damalige Leiterin der Tagespflege umarmten die jungen Gewinnerinnen und Gewinner. Auf der Bühne standen sie, acht junge Muslime aus Heilbronn zwischen 8 und 16 Jahren, und nahmen voller Stolz die Urkunde und den Scheck mit dem Preisgeld für den ersten Platz im DeinDing Jugendwettbewerb entgegen. Das Interview auf der Bühne war voller Aufregung und es hatte ihnen allen ein wenig die Sprache verschlagen. Aber das zählte nicht mehr.
„Das war der schönste Tag in meinem Leben“, sagte einer der Jugendlichen später. „Sowas habe ich noch nie geschafft“.
Danke an die Jury für diese Anerkennung – sie ist mit keinem Geld der Welt aufzuwiegen und ein besonderer Schatz. Das Preisgeld plant die Jugendgruppe in ein neues Projekt zu investieren, das bereits in der Planung ist. Und dann… dann bewerben sie sich wieder.