Um über Diskriminierung zu sprechen, braucht man viel Einfühlungsvermögen. Meistens gehen wir davon aus, dass wir dieses selbstverständlich haben und denken, wir hätten keine Vorurteile und würden nicht in Stereotype denken. Aber auch jahrelange Erfahrung in dem Bereich garantiert keine diskriminierungsfreie Haltung. Die meisten Diskriminierungen geschehen nicht absichtlich, sondern passieren – immer wieder. Sie können bei den Betroffenen jahrelang nachhallen. Deshalb ist jede Beschwerde über Diskriminierung ernst zu nehmen und kann nicht mit einem „war nicht so gemeint“ abgetan werden.
Nicht die Absicht zählt, sondern die Wirkung!
Um sicher zu gehen, dass eigene Worte und Handlungen nicht diskriminierend wirken, sollte man sich die Zeit nehmen, und die eigene Haltung ernsthaft und ehrlich auf den Prüfstand stellen. Eine regelmäßige mentale Reflexion dient dazu, sich langfristig eine sensible Haltung zum Thema Diskriminierung anzueignen. Als Einstieg dazu haben wir einen kleinen Selbsttest zusammengestellt, der dir Anreize und Impulse für ein diskriminierungsfreies Verhalten gibt.
Jede Antwort im folgenden Text hat am Ende einen Punktwert. Diesen bitte zu jeder passenden Antwort notieren und alle Punkte am Ende zusammen zählen. Die Summe findest Du in einer der drei Auflösungsgruppen wieder. Schön, dass Du mitmachst:
Wie diskriminierungsfrei handelst Du? Teste Dich
Frage 1: Genießt du Vorteile, ohne dass du etwas aktiv dazu beigetragen hast?
- Ich genieße viele Vorteile, weil ich mir geglaubt wird, dass ich der Norm entspreche. Ich weiß, dass ich deshalb weniger Schwierigkeiten habe als andere z.B. bei der Wohnungssuche. (6 P.)
- Ich war mir bisher gar nicht bewusst, dass ich durch meine Herkunft oder mein Elternhaus Vorteile habe. Dachte, das hätte ich mir selbst erarbeitet. (0 P.)
- Ich fühle, dass ich aufgrund von Zuschreibungen weniger Vorteile habe, als viele andere in der Gesellschaft – und das frustriert mich. (2 P.)
- Ich weiß, dass andere von Geburt an mehr Vorteile in dieser Gesellschaft haben, als ich. Ich setze mich aktiv gegen diese Ungleichbehandlung ein. (6 P.)
Frage 2: Denkst du, dass du als Gruppenleiter*in/Lehrer*in Macht über andere hast?
- Ja, ich habe Macht. Ich nehme das sehr bewusst wahr und trotzdem erwische ich mich manchmal dabei, wie mich Vorurteile beeinflussen. (6 P.)
- Ja, ich muss Teilnehmende sogar beurteilen. Ich habe dabei keine Lieblinge und ich schätze mich selbst als ziemlich vorurteilsfrei ein. (0 P.)
- Nein, ich betreue keine Gruppe/Klasse, aber ichhabe erlebt, dass Beurteilungen unfair waren.Macht hatte dabei sicherlich etwas zu tun. (4 P.)
- Nein, ich betreue keine Gruppe/Klasse und mir ist noch nicht aufgefallen, dass Gruppenleitenden ihre Machtposition ausgenutzt hätten. Mir würde das auch nicht passieren. (0 P.)
Frage 3: Bist du auf dem neuesten Stand beim Thema Diskriminierung?
- Ja, ich informiere mich regelmäßig über neueste Entwicklungen. Das ist mir sehr wichtig. (4 P.)
- Ja, ich denke, ich bin auf einem aktuellen Stand. Man bekommt ja viel über Nachrichten, Zeitungen und in Gesprächen mit Freunden mit. (2 P.)
- Ja, da hat sich ja nicht so viel getan in den letzten 10 Jahren. Ich bin mir sicher, dass ich weiß, was ich vermeiden sollte. (0 P.)
- Nein, ich bin mir sicher, dass ich nicht auf dem neuesten Stand bin. Da gibt es so viele gesellschaftliche Veränderungen und Begriffe -Da lernt man nie aus. (6 P.)
Frage 4: Welche Begriffe nutzt du wenn es um Minderheiten geht?
- Ich bin mir sehr bewusst, welche Worte ich verwende, denn Sprache schafft Tatsachen. Ich kenne auch die Eigenbezeichnungen und verwende diese immer. (6 P.)
- Ich vermeide die üblichen Schimpfworte. Ich möchte niemanden mit einem falschen Wort verletzten. Das hab ich von Klein auf als Tabuworte gelernt. (2 P.)
- Ich kenne mich aus, aber im Spaß nutze ich auch mal Begriffe, die nicht so nett sind. Die anderen lachen ja auch selbst darüber und ein Witz geht doch. (0 P.)
- Ich wusste nicht, dass es Fremd- und Eigenbezeichnungen gibt. Auch dass Fremdbezeichnungen oft von den Mächtigen gewählt werden und die anderen kaum eine Chance haben, sich dagegen zu wehren. Das ist interessant… (4 P.)
Schön, dass Du mitgemacht hast. Dieser Test hat nicht den Anspruch einer psychologisch fundierten Analyse, sondern möchte auf unterhaltsame Weise für das Thema sensibilisieren. Das Ergebnis kann von der Realität abweichen und trotzdem zur Überprüfung des eigenen Handelns anregen. Anbei die Auflösung „So diskriminierungsfrei handelst Du bereits“:
- 0-8 Punkte: Danke, dass Du an dieser kleinen Übung teilgenommen hast. Es ist mutig, das eigene Handeln zu hinterfragen. Du hast diesen ersten Schritt getan. Wir hoffen, dass du viel Neues mitnehmen konntest. Mach weiter, dich für das Thema zu interessieren!
- 9-16 Punkte: Da waren ein paar Augenöffner dabei, aber Vieles wusstest Du schon. Du bist auf dem besten Weg, einen wichtigen Beitrag gegen Diskriminierung und Rassismus zu leisten. Mach unbedingt weiter! Wir brauchen dich!
- 17-24 Punkte: Du bist in diesem Bereich schon sehr engagiert und setzt dich mit deinem Handeln auseinander. Du weißt, dass es entscheidend dazu beiträgt, ob sich Menschen ausgegrenzt fühlen. Hör nicht auf, in Deinem Lernen und deiner kritischen Wahrnehmung. Es ist wichtig, dass es Menschen wie dich gibt.
Du möchtest mit deiner Gruppe über Diskriminierung sprechen? – Unsere Tipps!
Achtsamkeit
Emotionale und sprachliche Sensibilität ist jetzt gefordert. Schaffe einen Rahmen, in dem Betroffenen ihre Erfahrungen geglaubt werden und sie sich vertrauensvoll austauschen können.
Besonderheit Schule
Diskriminierungserfahrungen zu erzählen, braucht viel Vertrauen. In den meisten Klassensituationen ist das nicht der Fall – zusätzlich erschwerend sind die Machtposition der Lehrenden und das typische Bewertungsumfeld. Deshalb sollte hier eher im Allgemeinen darüber gesprochen werden. Für die persönliche Bearbeitung ist die Schulsozialarbeit zuständig.
Recht auf Schweigen
Keiner wird gezwungen über Erfahrungen zu sprechen! Es ist immer freiwillig. Niemand muss sich rechtfertigen, wenn er*sie nichts dazu sagen möchte.
Bewusstes Zuhören
Wenn jemand etwas zum Thema erzählt, ist die gesamte Gruppe dazu aufgefordert, bewusst zu zuhören, die*denjenigen aussprechen zu lassen und nicht durch Unaufmerksamkeit zu verunsichern. Gleichzeitig dürfen Erzählungen
nicht in einen Wettbewerb gezwungen werden. Jede Erfahrung ist schmerzhaft und muss nicht zur Sensation ausgeschmückt werden.
Nimm jeden Beitrag ernst
Diskriminierung muss immer ernst genommen werden. Belächeln, Abtun oder Relativieren sind vollkommen fehl am Platz – sowohl bei den Zuhörern*innen als auch der Moderation.
Keine Wiederholung der Diskriminierung
Reproduziere keine Diskriminierungserfahrungen! Es gilt, weder Einzelne stellvertretend für eine Gruppe hervorzuheben und damit stereotypes Denken zu wiederholen, noch in anderen Formen diskriminierend zu handeln.
Die ilevel-Broschüre zum online Nachlesen
- Kapitel 1: Diskriminierung – um was geht’s eigentlich?
- Kapitel 2: Awareness Check – Teste Deine Einstellung zu Minderheiten? Wie besprichst Du Diskriminierungserfahrung in Gruppen?
- Kapitel 3: muslimische Künstler*innen im Interview (Soufeina von Tuffix, Younes und Fiete von den Datteltätern, Anja von I’slam, Boujemaa von UMA LAMO)
- pdf-Download der ilevel-Broschüre
- Bericht vom Kick-off Abend vom 18. Januar in Heilbronn
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